Mit Kajak drei Hauptstädte verbinden

Hauptstädte: Wien, Österreich
Bratislava, Slovakei
Budapest, Ungarn

Kajak Kilometer: 281 Kilometer
Fahrrad Kilometer: 299 Kilometer

Die Idee

Beim Planen meiner folgenden Route, sah ich auf der Karte, dass drei Hauptstädte sehr nah beieinander liegen und erst noch mit dem Fluss Donau verbunden sind. So überlegte ich nicht lange und schrieb mehrere Kanu-Clubs per Email an. Komischerweise ist ein Kajak zu mieten plus den Transport günstiger in Wien, als in Bratislava. Die Miete des Kajaks ist nur siebzig Euro pro Woche, der Transport ist um einiges teurer, zweihundertfünfzig Euro. Der Transport ist gedacht, da das Kajak wieder zurück nach Wien muss und zwei Fliegen auf einen Schlag, der Abholer bringt mein Fahrrad und die restlichen Taschen, die ich nicht auf dem Trip brauchen werde.

Hauptstadt Wien, Österreich

Vor dem Start schaue ich mir die Hauptstadt von Österreich an. Ich kann es mir gemütlich nehmen, da ich wieder einmal bei einer „Warmshower-Memberin“ hause. Die Barbara ist Schriftstellerin und wohnt in einer schönen Maisonetten Wohnung. Die Wohnung ist schön, aber hat schon lange kein Putzlappen gesehen.
Es gibt zwei Sachen, auf die ich mich lange freute in Wien zu erleben. Das eine ist das Schloss Schönbrunn. Ein riesiges Grundstück auf dem ein Märchen Schloss erster Klasse steht, mit einem riesigen Garten voller Blumen. Dahinter befindet sich ein Springbrunnen und weiter hinten auf einem kleinen Hügel ein weiteres Gebäude mit einer Aussichtsterrasse. Man könnte den ganzen Tag auf diesem Areal verweilen, doch es zieht mich weiter, um noch andere Sehenswürdigkeiten von Wien an zu schauen. Ausserdem muss ich zum Kajak Shop gehen, um alles zu organisieren. Beim ersten Satz mit dem Besitzer merke ich im Bauch, nein nicht schon wieder so viel organisieren bis alles erledigt ist. Während dem Sprechen, will ich ihm sagen, tut mir leid, aber ich hab es mir doch anders überlegt… Ein paar Sätze später kann ich es kaum erwarten im Kajak zu sitzen. Ihr seht, manchmal ist der Anfang schwierig zu überwinden, aber wenn man mal drin ist, gibt es kein Zurück mehr. Genau das Gleiche ist es, alles zu künden, Wohnung räumen und packen für eine lange Reise. Für viele ist das sehr schwierig vor zu stellen oder die Überwindung es krachen zu lassen, sprich den Anfang zu machen.

1. Tag
Am Samstag erledige ich mit dem Shop alle Formalitäten unter anderem auch den Treffpunkt in Budapest. Grosser Einkauf im Supermarkt für die nächsten sechs Tagen. Ich will nicht auf dem Weg einkaufen gehen müssen. Zurück in Barbara’s Haus fühle ich mich gelangweilt. Sie ist fort, die Stadt hab ich gesehen, was jetzt? Da mir Wien überhaupt nicht gefällt, schlechte Strassen, die Orientierung ist sehr schwer, viel zu gross und ein Durcheinander, packe ich abermals mein Esel und fahr wieder zum Shop.
Schliesse mein Rad an die Tür des Shops, werfe den Schlüssel in den Briefkasten, packe das rote Kajak (das gelbe hat leider kein Skag), und starte mein Kajak Abenteuer in Wien am 22. August 2015, um 17.10 Uhr.
Ich komme zügig voran. Das Kajak ist sehr wendig, gewöhnungsbedürftig von der Breite her. Am Ufer tumeln sich viele nackte Pärchen. Die einen treibens wild. Eins feuere ich an. Bei der ersten Schleuse sagt der Lautsprecher: „Das Ruderboot, welches in die Schleuse fährt, bitte wenden! Es ist verboten in die Schleuse ein zu fahren!“ Jaja, kehre ja schon. Also wieder mal umtragen, kennen wir ja schon von der Aare her. Zum Glück schleppe ich ein Wägelchen mit. Danach fliesst die Donau zügig und ich muss wieder auf die Lastschiffe, wie auch auf die vielen Passagierschiffe acht geben. Vor dem Sonnenuntergang hechte ich auf einen Kiesstrand und baue mein Zelt auf. Ich sitze am Strand mampfe genüsslich mein Abendmahl und schaue den Schiffen zu, wie sie entweder mühsam Stromaufwärts vor sich hin tuckern oder mit vollem Tempo Flussabwärts flitzen.

2. Tag
Eingepackt in Goretex Hosen und Jacke plus ein langärmliges Leibchen hüpfe ich ins Kajak und rudere los, um warm zu kriegen. Vor dem Mittag komme ich zu der Stelle, wo die March in die Donau fliesst. Sie wird auch als Grenze von Österreich zu Slovakei angesehen. Nebendran liegt das Städtchen Devin mit einer hübschen Burg. Von dort oben ist die Aussicht auf die Donau und March, sowie ein grosser Teil von den Ländern beeindruckend. Ich hätte nie gedacht, dass Europa so flach sein kann und das ein viel zu grosser Teil davon!
Kurze Zeit später komme ich schon in der zweiten Haupstadt meines Kayak-Trips an. Der Ruderclub Bratislava stellt seine Wiese als Zeltplatz zur Verfügung. Nach dem Duschen schlendere ich auf die gegenüberliegende Seite des Flusses, wo sich das Zentrum befindet. Als erstes Mal ein Snack. Salat/Brot und ein Fanta kostet nur ein Euro! Ein Schokoladen Eis im Mac Donald auch ein Euro. Gestärkt schaue ich mir die Altstadt an, dann als das Licht gut ist, das Schloss, von wo man über ganz Bratislava blicken kann.

3. Tag
Den Rest der Stadtbesichtigung folgt heute. Eine erwähnenswerte Sehenwürdigkeit ist das sowjetische Denkmal vom 2. Weltkrieg. Es wird an die 6845 sowjetische Soldaten gedacht, die ihr Leben opferten für die Befreiung von Bratislava. Alle Namen sind in einer grossen Tafelung eingemeisselt. Da es soviele sind, gibt es zahlreiche Massengräber, einzelne erhielten ein Einzelgrab. Der Jüngste Soldat war neunzehn Jahre alt! Die Traurigkeit beschleicht einem so richtig und denkt, was wäre passiert wenn die Deutschen gewonnen hätten? Ganz Europa würde heute anders aussehen. Doch zum Glück sind sie die ewigen Loosers.
Zurück beim Camp freue ich mich auf die frisch eingekauften, saftigen Steaks. Da kommt ein Mann und löscht das Feuer mit einer Flasche Wasser und meint trotzig: „Mein Holz!“
Auf meinem Kocher sind sie auch lecker. Pah!

4. Tag
Die ersten zwei Stunden regnet es stark. Egal, ob jetzt das Wasser von oben oder von unten kommt, es wird gepaddelt.
Nach etwa fünf Kilometer, verbreitet sich die Donau zu einem See. Vorne am Ende berührt der Himmel das Wasser. Ist das schon das schwarze Meer? Wohl kaum. Nach einer Schleuse rechts und einer Bild-Gallerie, die fast ins Wasser reicht, verfehle ich den Weg und komme in einen sehr langen Kanal rein. Zum Wasser lassen ist es schwierig an Land zu kommen, da es glitschige Betonwände an den Ufern hat. Bei einer Treppe habe ich es satt und frage einen Radler, ob er eine Karte hat. Jaja, der Bösewicht von einem Kajak-Vermieter in Wien hat mir nicht einmal eine Karte aus gehändigt. Eine schlechte Werbung für Arwex. Ansonsten kann ich den Kajak-Laden empfehlen. So marschiere ich halt drei Kilometer auf dem Damm, bis ich zu einer Brücke komme, über der ich zu einem Entwässerungssee geführt werde. Hier ist es viel schöner, als auf dem Kanal, keine Schiffe, keine Strasse hört man. Pura Vida! Ein Camp zu finden ist daher schwieriger, weil alles verwachsen ist, wie in einem Dschungel. In einem lichten Wäldchen kann ich mein Zelt aufstellen und soviel Holz verbrennen wie ich will!

5. Tag
Die Entwässerungsseen sind verbunden mit einem kleinen Damm, über die ich mein Kajak schleppen muss. Dies sieben Mal!
Von rechts kommt dann endlich die alte Donau rein und es fliesst auch wieder zügig. Weiter vorne fliesst der doofe Kanal in die Donau. Den Mittagshalt verbringe ich am Kiesstrand. Baden, mein Pelz bräunen, und meine geliebten Dürüm geniessen (Dürüm mit einem süsslichen Inhalt von Nutella und Himbeer Marmelade).
Im ersten Dorf von Ungarn, Gönyu, feiere ich das 14. Land mit einem Glacé. Die einzige Haupstrasse, die durch das Dorf führt ist mit Pflastersteinen gebaut worden, und war die einzige Verbindung von Bratislava nach Budapest. Am Abend verfeuere ich das gesamte Schwemmholz, die Kapitäne sind mir sicherlich dankbar, so sehen sie deutlich wo sich das Ufer befindet.

6. Tag
Heute schaue ich mir die modernste Festung Mitteleuropas an, die Monoster Kasematten. Zwischen 1850 und 1871 wurde sie gebaut. Die Feinde versuchten sie gar nicht erst an zu greifen, so verblieben den achttausend Soldaten eine friedliche Zeit während den Weltkriegen.
Dreht sich eigentlich die ganze Geschichte Europas nur um Krieg? Überall wo man hinkommt Kriegsdenkmäler, Festungen, Burgen, Schlösser, Schlachtplätze etc. Würde es keine Geschichte geben ohne diese Kriege? Nur die Wirtschaft profitiert davon. Es nervt auch ziemlich, weil überall auf den Info Tafeln, die bei jedem Denkmal aufgestellt wurden, die Deutschen vorkommen. Doch was haben sie im 2. Weltkreig erreicht? Rein gar nix! Alles Loosers!
Nach einer Flaute zieht die Donau endlich wieder und ich suche mir die schönste Sandbank aus, auf der ich mein Camp einrichte.

7. Tag                                                                                                                                                                                            Ich will schon an Land gehen, um meine geliebten Dürüms zu verspeisen, da erblicke ich hinter den Bäumen eine Kuppel. Nach der Kurve sehe ich ein gigantisches Bauwerk auf einem Hügel. Eine Basilika mit hohen Säulen und einer riesigen Kuppel von wo man eine grandiose Aussicht über die Donau und das Dörfchen hat. Daneben befindet sich ein Schloss.
Die Landschaft verfliesst sich von flachem Land in eine hügelige Landschaft. Die Gegend ist ähnlich wie der schönste Abschnitt des Rheins, Mainz – Koblenz.

8. Tag
Früher als Kleiner Junge spielte ich oft mit meinem besten Freund, Roger Feissli, burgerlis. Ich griff meistens seine Burg an, die er nicht immer verteidigen konnte. So bin ich sehr begeistert, als ich endlich eine richtige Burg aus dem Mittelalter besichtigen kann. Die Burg von Visegrád enthält alles was eine Burg zu bieten hat: Schiessscharten, hölzernes Tor mit spitzen Enden, herablassende Brücke mit Wassergraben, Steinschleuder, der nicht dürfend fehlende Wassergraben rund um die Burg und den Königsthron auf dem ich mich setze und auf die Bevölkerung herab schaue. Auch hier oben einen schweifenden Ausblick auf die Donau, den glänzenden Dörfern und die Hügeln.
Auch sehe ich die Gabelung wo ich den rechten Flussarm nehme. Die Schiffe fahren links und ich mit vielen kleinen Motorbooten rechts. Leider ist es Wochenende und die kleinen Kapitänen fahren rücksichtslos hin und her. Am Nachmittag komme ich in Budapest (sprich Budapesch) an. Ein Hilfsarbeiter von Arwex (Kajakshop) bringt mir mein Fahrrad (plus ein Wienerschnitzel; zweite Sache, das ich in Wien erleben wollte, aber leider versäumte) und holt das Kajak ab. Da es schon sechs Uhr ist schlüpfe ich nochmals ins Zelt, um erst am nächsten Tag ein Hostel in der riesigen Stadt zu suchen. Ich kann beruhigt einschlafen, da ich in einem Schwulenviertel gelandet bin.

Budapest

Ich kann also gemütlich das Hostel Wombat (australisches Tier) suchen, kann aber erst um zwei Uhr einchecken. So verstaue ich meine Sieben-Sachen im abschliessbaren und mit Kamera gesicherten Verstau Raum und gehe mir die Stadt angucken. Ich finde heraus, dass sie auch hier eine „Free-Walking-Tour“ anbieten. Sauglatt, man darf an einem bestimmten Treffpunkt sein, und der Guide führt Dich einen grossen Teil der Stadt herum und erzählt sehr viel über die Geschichte der Stadt. Falls man zufrieden ist, darf man am Schluss etwas spenden. Bei etwa hundert anwesenden Personen (keine Angst, es wird auf 30er Gruppen aufgeteilt), kommt sicherlich ein anständiger Lohn zusammen für diese Non-Profit Organisation. Kann ich Euch sehr empfehlen und sie wünschen auch, dass man für sie Werbung macht, sodass sie immer ihr Brot kaufen können. Somit ist mein Trinkgeld wertvoller als reales Geld ;-)

Weiterfahrt auf zwei Rädern

Auf dem Weg aus der Stadt komme ich am Hero Denkmal und einer weiteren schönen Burg in einem riesigen Gartenareal vorbei. Ein Fahrradmechaniker, welcher mehr weiss über Fabian Cancellara als ich, bestätigt nun, dass mein Tretlager (Kugellager) hin ist, kann aber trotzdem weiter fahren bis… Danke Tout Terrain, ein weiterer Pfusch von Euch! Die sollten doch endlich mal ihren Mechaniker auswechseln.
In Gödöllö baute ein bekannter Star Architekt eine andere Art von Schloss für die Königin Elisabeth (Sissi), das ihr als Erholungsort diente.
Dann geht es hügelig durchs ungarische Land mit langen aber nicht steilen Aufstiegen und noch längeren Abfahrten. Die Leute sind nett, sie winken, lächeln oder wünschen mir viel Glück. Ungarn ist in der EU, aber anscheinend buttern sie das viele Geld anderswohin. Mein Vorschlag, baut schöne Strassen mit Velowegen als Zückerchen. Das hat es auch zum Teil, denn öfters hat es ein Verbotsschild für Radfahrer. Doch einmal muss ich mich in Luft auflösen und hoffen, dass alle Fahrzeuge mich gut überholen auf der Schnellstrasse. Als Genugtuung darf ich einen richtigen Miliär Kampfhelikopter anschauen, der neben einem Blumenladen ausgestellt ist.
Die enorme Hitze lässt mich zu mehr Eis schlecken und in allen Seen, Flüssen baden gehen. Einmal flüchte ich auf einen gratis Camping, der Saisonende hat. Da ich Stromanschluss bis zum Zelt habe, kann ich bei Technosound Berichte/Tagebuch schreiben, an meinem Fahrrad herum tüfteln und immer wieder mal ins kühle Nass springen. Im letzten Dorf Ungarns besichtige ich die Burg, die mit kühlen Räumen auf mich wartet. Ich bin froh die ungarische Tiefebene verlassen zu können und in ein neues Land ein zu tauchen.

Euer Stephan